6. Juni 2025

Auf baldige Rückkehr
 
In dieser Woche jährt sich der Sturz der syrischen Diktatur zum halbten Mal. In der letzten Zeit hört man wenig aus dem Land, und das kann ein gutes Zeichen sein, weil bekanntlich für die Zeitungen nur schlechte Nachrichten gute Nachrichten sind, gute Nachrichten also nicht berichtenswert.

Ich erinnere mich noch daran, wie sehr ich mich gefreut habe und allen Syrern, die mir begegneten, gratulieren wollte, was ich auch jedesmal tat, wenn sich jemand als solcher zu erkennen gab, was niemand tat. Die halbe Welt freute sich ja mit den Syrerinnen und den Syrern. Besonders bewegte mich, wie die scheidende Bundesregierung vorschlug, allen, die im nächsten halben Jahr von Deutschland aus nach Syrien reisen wollten, um dort zu helfen oder Leute wiederzusehen, lang entbehrte Kontakte wieder aufzunehmen oder einfach um sich die Lage anzusehen und dabei ein paar Reisegroschen dazulassen, ganz unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltsstatus die Wiedereinreise zu garantieren, und der Bundestag dem mit großer Mehrheit zustimmte. Diese Regelung ist ja inzwischen mit etwas geringerer Mehrheit um ein halbes Jahr verlängert worden.

Daran finde ich nicht nur ermutigend, wie die Politik, die sonst in Finanzfragen vernarrt ist oder bemüht, einzelne Teile der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen, über ihren Schatten ins Menschliche sprang, sondern auch vernünftig, dass Menschen, die mit einer Demokratie Erfahrungen gemacht haben, mit solchen zusammenkommen, die eine aufbauen wollen. Es soll zwar Stimmen gegeben haben, die befürchteten, die aus Syrien Zurückkehrenden könnten voller Begeisterung versuchen, auch unsere Demokratie mit neuem Leben zu erfüllen und demokratischer zu machen, aber das fände ich gar nicht so schlimm.

Vielleicht kann man Ähnliches für andere Gesellschaften in ärmeren Ländern tun. Vielleicht kann man nun die Einreise für Leute vereinfachen, die hier etwas lernen oder von hier etwas Geld nach Hause schicken wollen, das dort, weil es direkt an Familien geht, mehr bewirken kann als die Entwicklungshilfekredite, und signalisieren, dass die, die ausreisen, wiederkommen dürfen oder an ihrer Stelle andere willkommen sind. Zirkuläre Migration eben. Da kann natürlich auch Unerwünschtes passieren, wie immer Unerwünschtes passieren kann, das sich schlecht einschätzen lässt, wenn man eine Entscheidung trifft. Mut eben.

 

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