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5. November 2008 Schwarz-weiß ist Farbe So richtig klar wurde mir erst heute, wie schlimm ich die Jahre unter W. fand, die ja noch nicht ganz zuende sind. Ich erkannte das an der Erleichterung, die mich überkam, als John McCain seine Niederlage eingestand. Den ganzen Wahlkampf über dachte ich, Barack Obama hat viel Geld von den Konzernen genommen, er will in Pakistan einmarschieren, und was er sonst so drischt, ist reichlich leeres Stroh. Aber selbst wenn er als Präsident nichts zustande brächte, außer die chinesische Botschaft in Belgrad und eine Arzneimittelfabrik im Sudan zu bombardieren, wäre er um soviel besser als Bush Sohn, wie der schlechter war als Clinton Ehemann. Dieser Unterschied ist gewaltig und Grund genug für feuchte Augen. Richtige Tränen gab es derweil im Fernsehen. Es war ein eindrückliches Bild, wie die Menschen in Chicago zu Obama aufblickten, die weißen Gesichter jubelnd, die schwarzen weinend. Als hätte sich gerade der Ku Klux Klan aufgelöst, als würde von heute an niemand mehr „Nigger“ genannt werden. Aber auch die Journalisten sprachen plötzlich von Obamas Hautfarbe, als hätte jemand den Stöpsel gezogen. Monatelang hatten sogar seine Gegner dieses Thema sorgsam umschifft und öffentlich statt dessen gesagt, sie könnten keinen Muslim wählen. (Deshalb war es ihnen so wichtig zu behaupten, er wäre einer.) Am tollsten aber fand ich, wie jetzt alle schrieen, das gebe es nur in Amerika. Nur in den USA könne ein Schwarzer zum Präsidenten gewählt werden. Oder sagten sie, nur in den USA könne ein Afro-Amerikaner Präsident werden? Nur Amerika könne den Rassismus überwinden. Oder war es der amerikanische Rassismus? Nur in Amerika hat ... Es ist erst ein paar Stunden her, und schon trübt sich meine Erinnerung. Vielleicht, weil es so oder so keinen Sinn ergibt? Schwarze Präsidenten gibt es natürlich viele. Amerikaner, die außerhalb der USA Präsident werden, gibt es, aus guten Gründen, weniger. Mir fällt da nur Janet Jagan aus Chicago ein, die 1997 in Guyana gewählt wurde. Vertreter von Unterprivilegierten wurden auch schon in anderen Staaten gewählt. Die Indios Boliviens, zu denen Präsident Evo Morales gehört, kann man sogar, anders als die Afro-Amerikaner, als regelrecht unterdrückt ansehen. Sie stellen dort allerdings die Mehrheit. Das Besondere an Obama ist ja, dass er es als Vertreter einer ehemals unterdrückten Minderheit ins höchste Regierungsamt geschafft hat. Das ist wirklich etwas Neues. Also, wenn man die Wirklichkeit ignoriert. Zum Beispiel, dass nur fünfundzwanzig Jahre nach dem Nationalsozialismus ein Jude, Bruno Kreisky, zum Bundeskanzler gewählt wurde. Die USA dagegen, die angeblich so ein guter Ort für Juden sind, hatten noch nicht einmal einen jüdischen Vizepräsidenten. Das wiederum liegt an den Betrügereien von W. Und mit denen hat es in elf Wochen ein Ende.
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